Sonntag, 23. Mai 2010

Selbstliebe - ein christliches Konzept?

Der Zustand des „christlichen“ Zeitschriftenmarktes lässt sich am besten beschreiben durch ein Panoptikum, welches für jeden Geschmack das Treffende anbietet. Mystizismus und Zeitgeist drängen das Wort Gottes genauso zurück, wie Libertinismus oder Autonomie. Wahrheit wird plural gedeutet…
Nun lässt sich dieser Niedergang, der nicht weniger als den Verlust der Ehrfurcht vor Gott und seinem Wort kennzeichnet, an vielen Beispielen festmachen. „Sich selbst lieben“ heißt es in einem mir aktuell vorliegenden Magazin und aus dem „Doppelgebot der Liebe“ wird schnell ein Dreiergebot, bei dem ja auch die Liebe „zu sich selbst“ zu berücksichtigen sei.

Sehen wir uns den Bibeltext aber genauer an:
»Als aber die Pharisäer hörten, dass er die Sadducäer zum Schweigen gebracht hatte, versammelten sie sich miteinander. Und es fragte einer aus ihnen, ein Gesetzgelehrter, und versuchte ihn und sprach: Lehrer, welches ist das große Gebot in dem Gesetz?
Er aber sprach zu ihm: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstande". Dieses ist das große und erste Gebot. Das zweite aber, ihm gleiche, ist: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst". An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.« (Matthäus 22,34-40; Elb.)

Es gehört viel Unverfrorenheit dazu von einem „Dreiergebot“ zu sprechen, wenn der Herr Jesus von „zwei Geboten“ spricht. Es ist aber nicht nur numerisch falsch, sondern widerspricht auch klar dem Gesamtzusammenhang der Schrift, die Selbstliebe Sünde nennt. Gerade für die Endzeit gilt, dass »die Menschen … eigenliebig sein« (2 Timotheus 3,2a; Elb.) werden ; philautoi = sich selbst liebend.
Der Gläubige hingegen ist aufgerufen: »Wenn jemand mir nachkommen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge mir nach.« (Matthäus 16,24; Elb. – so auch bei Markus und Lukas)
Nicht Selbstliebe, sondern Selbstverleugnung ist also der biblische Maßstab; »Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes, dass ihr prüfen möget, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.« (Römer 12,2; Elb.)
Unser Sinn soll derartig erneuert werden, dass er dem guten, wohlgefälligen und vollkommenen Willen Gottes entspricht. »Und er ist für alle gestorben, auf dass die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben ist und ist auferweckt worden.« (2 Korinther 5,15; Elb.)
»Er [Christus] muss wachsen, ich aber abnehmen.« (Johannes 3,30; Elb.)

Nicht das „Ich“ soll also im Mittelpunkt stehen, sondern der Herr Jesus Christus. So konnte der Apostel Paulus sagen: »ich bin mit Christo gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir; was ich aber jetzt lebe im Fleische, lebe ich durch Glauben, durch den an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.« (Galater 2,20; Elb.); indem er wusste, dass der „alte Mensch mitgekreuzigt“ worden war mit Christus (siehe Römer 6,6).

Wer sich dessen bewusst ist, der wird auch die Fähigkeiten und Gaben, das Aussehen, alles was ihm Gott gegeben oder verweigert hat anerkennen können. Und der wird fähig sein den Nächsten lieben zu können - »denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, welcher uns gegeben worden ist.« (Römer 5,5; Elb.)
Dasselbe führt auch Johannes im 4. Kapitel seines 1. Briefes deutlich aus. Die Liebe Gottes, ausgegossen durch den Heiligen Geist, ist die Grundlage dessen, dass wir Gott und unsere Mitmenschen wahrhaft lieben können.