Sonntag, 14. Oktober 2012

Lese-Tagebuch - Eintrag 12

Buch: Der Griff zur Macht / Dominionismus – der evangelikale Weg zu globalem Einfluss
Autor: Martin Erdmann
Auflage: 1. Auflage 2011
Verlag: Betanien Verlag, Oerlinghausen
ISBN: 978-3-935558-97-6
Seitenzahl: 280

„Schon wieder ein apologetisches Buch“, mag jemand denken. Aber sind wir ehrlich. Ist es wirklich so, dass heute eine Fülle dieser Bücher publiziert würde, die sich anschicken für »den einmal den Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen« (Judas 3b; Elb.CSV)? Herrscht nicht viel eher ein Mangel an solchen Büchern, da die Bestseller-Listen von anderen belegt werden?

Martin Erdmann stellt fest, was vielen verborgen geblieben ist, nämlich: „Mit voller Absicht ersetzen sie [Anmk.: Die Neoevangelikalen] Schritt für Schritt das alte Evangelium der sich an der reformatorischen Theologie orientierenden Christen durch ein aufgeweichtes, verwässertes und neutralisiertes »Social Gospel«.“ (Erdmann, Seite 65).

Während man behauptet »Gottes Königreich auf Erden« (ebd., Seite 116) zu bauen, geschieht in Wahrheit folgendes: „Die New-Age-Bewegung, die alle Lebensbereiche systematisch vernetzt, hat sich in das Bewusstsein vieler Christen eingeschlichen, indem ihre wichtigsten Konzepte von verschiedenen »wissenschaftlichen« Fachgebieten wie Soziologie, Psychologie, Marketing und Medizin aufgegriffen wurden.“ (ebd., Seite 119; s.a. auch Seite 154).

Die Taktik Satans ist dabei im Übrigens stets dieselbe. „Bekannte Begriffe erhalten einen neuen Inhalt“ (ebd., Seite 125). Ein Paradebeispiel dafür, – um kurz den Bereich des Buches zu verlassen, – ist die sogenannte „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“. Lothar Gassmann schrieb dazu in einem lesenswerten Aufsatz der Zeitschrift „Bekennende Kirche“:
„Auch die Diskussion um die Rechtfertigungslehre hat erwiesen, daß die klassische katholische Lehre dem neutestamentlichen Verständnis des Rettungswerkes Christi widerspricht“.
Quelle: Lothar Gassmann, Die neue Bekenntnis-Ökumene – ein Widerspruch in sich selbst?, Bekennende Kirche, Ausgabe Nr. 19/20, Dezember 2004, Seite 23
Man muss die theologische Unredlichkeit deutlich herausstellen, die klaren Bekenntnissen der Reformation zum Trotz, eine gemeinsame Rechtfertigungslehre postuliert hat. Es ist dieselbe Unredlichkeit, wie sie auch an anderer Stelle von Martin Erdmann aufgedeckt wird. So schreibt er zu Recht über den P.E.A.C.E.-Plan des amerikanischen Pastors Rick Warren:
„Die P.E.A.C.E.-Plan-Bewegung ist eine geistliche Verführung. Mit vehementer Wucht überflutet eine völlig entstellte Form des Christentums die evangelikalen Gemeinden der westlichen Welt. In einer Zeit der religiösen Verirrung sollte man eigentlich nichts anderes erwarten. Dennoch überrascht die Bereitwilligkeit vieler Kirchen, sich vorbehaltlos einem geistlichen Trend anzuschließen, der sich unverblümt gegen die traditionelle Auffassung des Christentums stellt.“  (Erdmann, Seite 146)
Ich möchte an dieser Stelle dazu ermutigen, die hier getroffene Beurteilung, im Buch selbst nachzuprüfen. Martin Erdmann hat sich die Mühe gemacht umfangreich Quellen zu prüfen, Entwicklungen nachzuzeichnen und verständlich wiederzugeben. Selbst wenn man nicht jede Schlussfolgerung uneingeschränkt teilt, gibt das Buch doch umfangreich Anlass dazu die Entwicklungen im evangelikalen Lager im Licht der Schrift zu prüfen.

Wo bleibt die Ortsgemeinde, die sich treu der Leitung des Herrn als Haupt unterstellt? Die Ehefrau von Rick Warren, „Kay Warren verwarft die Beibehaltung der Selbstständigkeit der örtlichen Kirchen; ihrer Meinung nach sollten die Kirchen unter die Leitung größerer Agenturen gestellt werden, die über die Landesgrenzen hinaus tätig sind.“ (ebd., Seite 197)

Und wir haben uns ernsthaft zu fragen: „Was genau soll die Kirche im Verbund mit den NGOs, den Konzernen und Regierungen verteilen? Wird es die Verkündigung des rettenden Evangeliums von Jesus Christus sein?“ (ebd., Seite 201)

Auch wenn diese kurze Besprechung dem Umfang des Buches nicht gerecht werden kann, zumal ich nur sehr wenige Punkt aufgegriffen habe, die dort angesprochen werden, wird doch eins deutlich: Es ist eine Herausforderung die Entwicklungen der (evangelikalen) Christenheit nicht einfach hinzunehmen, sondern diese Wege ernsthaft zu prüfen.