Sonntag, 29. Juli 2012

Zeugnisse der Vergangenheit - Teil 3

Abschiedspredigt in Walddorf am 23.07.1978
Pfarrer Oskar Girle (* 13.02.1913 in Posen, gest. 20.02.1992 in Schlaitdorf)

Der folgende Text ist die schriftliche Wiedergabe einer Audioaufzeichnung. Insbesondere bei Namen, deren Personen mir nicht bekannt sind, ist die Wiedergabe möglicherweise nicht korrekt. Gegen Ende fehlt ein kleines Stück (Bandwechsel? Band defekt? während der Danksagungen.). Bis auf die Korrektur kleinerer Versprecher, etc. wurde die Eigentümlichkeit der Vorlage vollständig beibehalten.

Wir hören ein Wort aus dem ersten Johannesbrief, Kapitel 3, Vers 19 und 20: »Daran erkennen wir, dass wir aus der Wahrheit sind, und können unser Herz vor Ihm damit stillen, dass wenn unser Herz verdammt, Gott größer ist denn unser Herz, und erkennt alle Dinge.«

Liebe Gemeinde,
in der Registratur des Pfarramts gibt es eine sogenannte Pfarrertafel. Darin stehen die Namen sämtlicher Pfarrer, die hier von 1555 bis 1978 Dienst getan haben. Es sind da eine ganze Reihe von Daten und persönlichen Bemerkungen. Unter anderem auch vermerkt: Die Dienstzeit d.h. wie lange jeder Pfarrer hier in der Gemeinde Walddorfhäslach war. Ich hab´ einmal diese ganze Pfarrertafel daraufhin durch gesehen wie lang denn die Dienstzeiten so im Durchschnitt sind. Die kürzeste Zeit ist vier Jahre. Und die längste einunddreißig Jahre.
Im 16. Jahrhundert – also vor 400 Jahren – war hier ein Pfarrer mit Namen Matthäus Campanus, auf Deutsch Bauer. Der hat hier 31 Jahre in Walddorf seinen Dienst getan. Der nächste bin ich mit meiner Familie – 29 Jahre in Walddorf.

Die Älteren unter uns werden sich daran erinnern, wie ich hier in Walddorf aufzog, das war feierlich. Ich wurde empfangen wie ein Fürst. Wir kamen von Pliezhausen. Angesichts des Kirchturms von Walddorf stiegen wir aus dem Lastwagen, der unsere wenigen Habseligkeiten transportierte. Der Kirchengemeinderat begrüßte uns oben auf der Kappel. Und dann marschierten wir feierlich zu Fuß in Begleitung noch anderer Gemeindeglieder vor die Kirche, wo wir uns zum ersten Mal begrüßt haben.
Meine Frau und ich erinnern uns, dass wir hier in Walddorf sehr freundlich aufgenommen wurden und sehr herzlich. Ich erinnere mich besonders an eine Frau, ältere Frau, hier in Walddorf, die sagte: „Ach, das freut uns aber,  dass sie nach Walddorf gekommen sind. Wir haben in Pliezhausen schon viel Gutes von ihnen gehört. Ich hab´ sie auch schon mal bei einer Beerdigung in Pliezhausen gehört, und wenn sie so in Walddorf predigen, dann wird man sich hier auch an ihnen freuen.“ Nun machte sie ne´ Pause und sagte mit etwas wehmütiger Stimme: „Ach, aber in Walddorf hält sich was rechtes nicht lange.“
Nachdem wir 29 Jahre in Walddorf uns gehalten haben, da wisst ihr jetzt, was ihr von uns zu halten habt.

Ergänzend muss ich sagen: Damals jedenfalls galt auch die Kirchengemeinde Walddorf als keine rechte Gemeinde. Das war im ganzen Unteramt bekannt; und zwar deswegen, weil hier – damals – einzelne Gruppen miteinander ziemlich gespannt und im Streit miteinander lebten. Da hat natürlich ein Pfarrer Angst sich um Walddorf zu bewerben. Ich erinnre mich wie der Dekan mir damals sagte: „Walddorf macht mir Kummer. Um Kusterdingen haben sich 18 Pfarrer beworben und um Walddorf kein einziger. Wenn die bis Gniebel oder Rübgarten kommen, dann drehen sie um.“
Dann kam Kirchenpfleger von Häslach Johannes Hauser, Kirchenpfleger Herrmann Wild – besuchten uns in Pliezhausen und sagten: „Ach, bewerben sie sich doch um Walddorf“. Genauso redete uns der Dekan zu. Er sagt: „Bewerben sie sich doch um Walddorf. Die Gemeinde macht mir Kummer mit der Besetzung.“
Nun hab´ ich mit meiner Frau darüber gesprochen. Und da hat sie gemeint: „Wir sind ja noch jung. Und wenn wir nach Walddorf gehen, dann verheiraten wir uns ja nicht mit Walddorf, bis das der Tod uns scheide“. Also haben wir es gewagt.

Aber nun, wenn wir jetzt zurückblicken, was daraus geworden ist: Kein rechter Pfarrer, keine rechte Gemeinde. Und das ich tatsächlich kein rechter Pfarrer war, das wurde mir bestätigt in einer Unterredung die nicht ganz freundlich war, mit einem Mann; er sagte: „Sie sind überhaupt kein Pfarrer. Sie sind ein junger Springer“ . Zuerst war ich beleidigt. Tief beleidigt. Über solche Unverschämtheit, wie ich meinte. Vielleicht hat er es auch unverschämt gemeint. Aber, als ich und sooft ich darüber nachdachte, fragte ich mich: „Warum bist du denn eigentlich so getroffen? Warum bist denn so beleidigt? Warum geht dir das denn so unter die Haut? Unter Umständen darum, weil der Mann recht hat?“

Und dann fiel mir ein, dass ich so manches Mal in jenen Jahren geseufzt hab´, wenn ich an eine Predigt heranging und hab´ im Stillen vor Gott mein Herz ausgeschüttet und hab´ Ihm auch gesagt – ähnlich wie Jeremia: „Ich tauge nicht zu predigen. Ich bin zu jung“. [Und] das ist natürlich ein Problem und das können nur diejenigen verstehen, die vielleicht Bibelarbeiten machen, Bibelstunden halten, dass das Alter natürlich auch eine Rolle spielt ob wir zu predigen taugen oder nicht. Und das einem das schon manchmal Minderwertigkeitskomplexe geben kann. „Ich bin kein rechter Pfarrer, ich tauge nicht zu predigen, ich bin zu jung“.

Aber nun das Erleben in den folgenden Jahren. Kein rechter Pfarrer, in keiner rechten Gemeinde. Und mit der Zeit hatten wir den Eindruck: Gibt´ keine so gute Gemeinde wie Walddorf. Und es gibt nirgends so gute Mitarbeiter, kirchliche Mitarbeiter, wie in Walddorf. Und wenn das möglich wurde, das zerstrittene Gruppen wieder zusammengefunden haben, dann ist das nicht mein Verdienst. Sicher habe ich das gewünscht und gewollt und auch entsprechend gepredigt. Aber: Bewirkt hat das der Gott des Friedens, der Dinge fertigbringt, (die kein Pfarrer fertigbringt), der Frieden machen kann. Und an dessen Tun wir merken können: Gott ist größer als unser Herz!

Ich habe dieses Wort aus dem ersten Johannesbrief absichtlich frei gewählt, weil dieser Satz – Gott ist größer als unser Herz – dauernd mich bewegte, wenn ich in den letzten Monaten an meinen Ruhestand dachte und natürlich dabei auch immer wieder Rückblick gehalten hab´. Im Blick auf alle Dinge drängte sich mir das direkt auf: Gott ist größer als unser Herz! Darum passieren Dinge, die wir Ihm nicht zutrauen und die wir für unmöglich halten.

Rückblickend kann ich das einmal ganz allgemein sagen. Im Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung seit 1945; nur ein paar kleine Episoden, die kennzeichnen, wie es uns damals ging. Einzige Verbindung von Pliezhausen nach Tübingen war das Fahrrad. Meine Frau und ich hatten paar alte Fahrräder. Und wenn wir nach Tübingen fuhren, dann ging da immer die Luft aus. Wir mussten paar Mal absteigen und Luft nachpumpen oder gar den Schlauch flicken. Und das war schwierig, man bekam nicht Mal Flickzeug und Flickgummi.
Im Pfarrhaus lebten vier Familien. Oben im Dachgeschoss Familie Grebenstein. Auf unserem Stockwerk Frau Ulef [?] mit Tochter. Und unten im jetzigen Amtszimmer die verköpfige Familie Jürg Heid[?]. Man kann denken: Das Pfarrhaus ist groß, da haben vier Familien Platz. Aber da muss man mal… Das muss man mal einige Jahre durchleben. Ich habe damals nicht gemurrt, obwohl uns das natürlich nicht gepasst hat, das wir so bedrängt und beengt lebten. Aber ich hab´ da, hier in unserm Teil, etwas mitempfinden können von dem Jammer und den Schwierigkeiten in dem damals ganz Westdeutschland war. Dadurch, das 20 Millionen Heimatvertriebene in das Restdeutschland, Westdeutschland kamen, wo damals noch Stuttgart und Frankfurt, und alle Großstädte zerstört und zertrümmert waren. Soundsoviel Hunderttausende von Wohnungen unbewohnbar. Und nun kommt noch dieser Flüchtlingsstrom mit 20 Millionen.
Damals sagte jeder nüchterne Mann: „Was auf uns zukommt, ist ein langsames verenden“. Und das war vernünftig gesehen auch so zu erwarten, denn die sogenannten Kornkammern Deutschlands – Ostpreußen, Westpreußen, Posen, Pommern, Schlesien, Brandenburg – die waren verloren gegangen. Wie sollten die, die zusätzlich hergekommenen Heimatvertriebenen mit uns zusammen – wie sollte wir da bestehen und leben? Und nun, dieser Wandel und diese Entwicklung.
Wir haben damals oft Hunger gehabt. Als ich in Pliezhausen war, da sah ich etwas anders aus als jetzt. Jeder sprach mich darauf an: „Ach, sind sie mager. Sind sie elend“. Und als einmal meiner Frau jemand etwas brachte, sagt sie: „Aber geben sie´s bitte auch ihrem Mann“. Denn sie sah, obwohl sie weniger aß als ich, sah sie immer noch n´bisschen besser aus.
Was das Essen damals für eine Rolle spielt und wie bescheiden man sein musste. Dreimal in der Woche machte meine Frau Pellkartoffeln und Lauch, Lauchgemüse. Das war noch einigermaßen schmackhaft.
Und dann ein großes Erleben, weil unsere Fahrräder so schlecht waren, bekamen wir einen Brief von einer ehemaligen Lehrerin aus Mockrau, unserer letzten Gemeinde in Westpreußen. Und darin teilte sie unter anderem mit: „Ich bin mit ihrem Fahrrad geflohen und ein Militärfahrzeug hat mich nach Braunschweig gebracht. Mein Fahrrad steht abholbereit da, wenn sie die Reise wagen wollen. Meine Frau hat tatsächlich die Reise gewagt und ist mit dem Zug über zwei Zonengrenzen – und viel Wartezeiten, denn an den Zonengrenzen gab´s nicht mal Anschluss, Zugverbindung. Das war eine beschwerliche Reise, aber die hat sie auf sich genommen, nur damit wir ein gutes Fahrrad bekamen. Und das größte Reiseerlebnis: Damals war meine jüngste Schwester Pfarrfrau im Südharz. Und weil das nicht so weit weg von Braunschweig war, besuchte meine Frau meine Schwester; und erzählte nun beglückt, sie hätte bei Schwester Hanni Grütze mit Kartoffel gegessen. So gut gekocht und so viel, das sie so satt war, dass das für die ganze Reise reichte. So wichtig das Essen; so bescheiden.
Es ist gut, wenn wir uns immer wieder Mal an diese Tage, an diese Zeit erinnern lassen, damit wir etwas dankbarer werden. Mich hat die Entwicklung beeindruckt, weil hier etwas passiert ist in dreißig Jahren, was damals kein Mensch für möglich gehalten hat. Das wir nicht nur mit einem intakten Fahrrad, sondern mit guten Autos fahren werden. Das wir alle Essen können, so viel wir wollen und so gut. Und das wir wieder eigene Wohnungen haben. Alle die im Pfarrhaus gewohnt haben, Grebensteins haben ihre schöne Wohnung, Ulef mit Tochter hat zwei Häuser in München und Jürg Heids haben in Betzingen auch ein eigenes Heim gebaut. Wieder ein kleiner Ausschnitt für eine Entwicklung im Großen, die so unerhört ist, so unglaublich, das allein im Gedanken an die wirtschaftliche Entwicklung in unserm Volk es doch unerhört ist, dass das ärmste, bedauernswerte Volk 1945 jetzt zweite, führende Wirtschaftsmacht in Europa geworden ist und wir alle daran teilnehmen. Bedenken, geschichtlich, Gott ist größer als unser Herz.

Dann persönlich: Die Gemeinde Walddorf hat sehr daran teilgenommen, als wir vor Jahren mit Krankheit geschlagen waren. Das erste Mal, als ich mich von Walddorf wegbewarb nach Schmieden, kamen Gallensteine und Nierensteine dazwischen. In dem Zustand konnte ich nicht wechseln und der Kirchengemeinderat sagte sehr erfreut: „Betrachten sie ihre Gallen- und Nierensteine als die Steine an, die Gott ihnen in den Weg gelegt hat, damit sie nicht von Walddorf wegkommen“. Ein zweites Mal hatten wir uns um Albertshausen bei Göppingen beworben. Da kamen die Jahre, wo meine Frau die Hüftgelenksoperation hatte, drei Operationen. Die letzte mit einem sehr unbefriedigenden Ergebnis. Meine Frau war 14 Tage, kaum 14 Tage zu Haus, bekommt sie eine Hepatitis, eine Lebererkrankung und muss wieder für vier Monate ins Krankenhaus nach Nürtingen.
Wenn ich mich an die Zeit zurückerinnre, dann haben wir oft gehadert, haben erlebt was unser Herz für ein trotziges und zugleich verzagtes Ding ist. Wie der Glaube kein Besitz ist, den wir allezeit parat haben. Sondern das es Augenblicke gab, da dachte ich: „Bist wie ein Atheist. Wo ist nun dein Gott?“ – nichts zu merken. Wie viele haben damals um das Gelingen der Operationen gebetet. Nicht nur, das sie nicht gelungen waren, kommt noch diese letzte, zusätzliche Sache mit der Lebererkrankung. Und da dachten wir: Jetzt ist die Zeit in Walddorf vorbei. Denn jetzt kann ich mich in den Ruhestand begeben und kann Krankenpfleger meiner Frau sein.
Was dann passiert ist, das ist euch auch bekannt. Wenn wir an die jetzigen Jahre, die letzten Jahre denken: Meine Frau kam wieder auf die Beine, zwar hinkend, aber doch so, das sie den Haushalt geschafft hat in dem großen Pfarrhaus. Das sie außerdem Besuche gemacht hat. Und das ich merkte, wenn meine Frau einen Besuch macht, das haben manche Patienten fast noch lieber, als wenn ich selbst komme. Und warum? Wer angefochten ist und elend im Bett liegt, der lässt sich nicht so leicht ermuntern und trösten durch einen, der das ja eigentlich nicht nachfühlen kann. Aber wenn jemand kommt, der selbst monatelang in der Klinik oder im Krankenhaus gelegen hat und kommt dann wieder auf eigenen Füßen und ist nicht traurig, sondern zuversichtlich – das hilft dem Kranken. Und wenn wir das bedenken, sollen wir darum hadern? Freilich muss meine Frau weiter durchs Leben hinken, aber wir sind beide dran gereift und haben daraus, das [einzig?] die folgenden Jahre fruchtbarer wurden auch erkennen können – ganz in unserem persönlichen Ergehen: Gott ist größer als unser Herz!

Als letztes: Wenn wir vor ein paar Monaten an den Abschied erinnert wurden, dann legte sich eine Last aufs Herz. Jedes Mal wenn etwas letztes war, letzte Konfirmation, letzte Osterfeiertage, letzte Schulentlassung, usw., usw. Wir haben so vieles erlebt, was immer das letzte war – und dann an den Abschied gedacht, da ist uns [?] und weh geworden. Und ihr wisst ja auch warum, wenn man fast dreißig Jahre in einer Gemeinde ist, dann hat man so viel erlebt. Man ist fast mit jedem Haus irgendwie persönlich verbunden. An den Freuden. Fast alle Kinder können später sagen: „Sie haben mich getauft, sie haben mich konfirmiert, jetzt möchten wir auch von ihnen getraut werden. In so vielen Häusern haben wir Krankheit und sterben miterlebt. Und grade diese Dinge, die ernsten und die fröhlichen Dinge des Lebens verbinden ungemein und deswegen waren wir eigentlich immer froh, wenn unser Weggehen zerschlagen wurde. Wir hatten das Abschiednehmen so satt von früheren Jahren, das wir immer, das ich mir immer gedacht hab´, wie kann man nur von Walddorf einigermaßen so Abschied nehmen, das es nicht geht wie bei einem meiner Vorgänger, der auch noch das Lied singen ließ „Was machet das ihr weinet und brechet mir das Herz“ – und der Abschiedsgottesdienst ein trauriger Gottesdienst war und die Tränen geflossen sind. Ich dacht´ wenn das passiert, ich bin nämlich auch nicht so fest, das wisst ihr von mancher Grabrede oder vielleicht auch von Predigten; meine Frau auch nicht, die heult auch sehr leicht.
Aber wir müssen nicht weinen und ihr müsst nicht weinen, aus einem ganz einfachen, naheliegenden Grunde: Unser Abschied von Walddorf geht nicht in weite Ferne. Sondern wir haben eine sehr schöne Wohnung in Schlaitdorf gefunden, […], wenn jemand heute weinen möchte, zum Abschied mir was Vorweinen möchte, dem sag ich: Komm und besuch´ mich lieber in Schlaitdorf.
Und wenn mir zum Weinen zumute ist – bin so manches Mal, noch als die Wohnung leer war, in diese Wohnung gegangen und hab´ mir angesehen, dieser wunderbare Blick auf die Alb, an klarem Wetter: Die Kaiserberge, Teck, Neuffen, Achalm, Hohenzollern, Lochen – wenn man n´Fernrohr hätte: die Balinger Berge. Das ganze Albpanorama zu sehen. Und vom Balkon aus kann ich den Häslacher Kirchturm sehen und sogar auch die Spitze vom Walddorfer Kirchturm. Und ihr könnte euch vorstellen, wenn ich dann Heimweh bekomme, habe ich auch noch ein Auto und kann nach Walddorf fahren und durch Walddorf fahren und das Heimweh stillen. Auch im Blick darauf: Gott ist größer als unser Herz!
Und Er macht uns auch das oft leicht, woran wir zuvor schwer gedacht haben.

Und dann, nur ein ganz kleines Beispiel. Es heißt ja dann anschließend: »Und erkennt alle Dinge“. Das heißt, Gott kümmert sich und weiß alle Dinge – auch in unserem Leben, auch sogar die persönlichen Dinge. Und wenn wir manchmal den Eindruck haben: „Wo ist nun dein Gott? Gibt es überhaupt Gott? Sieht Er dich? Hört Er dich in deinem Gebet, wenn doch alles schiefgeht?“ Dann passieren wieder ganz andere Dinge, so kleine Dinge, da fängt man sich an zu wundern. Wir haben vor einiger Zeit mit einer Nürtinger Speditionsfirma den Tag des Umzugs festgelegt. Wir wollten eigentlich morgen, Montag, den 24. Juli umziehen. Der Mann da am Telefon sagte: „Nein, das geht leider nicht, da ist schon ein anderer Umzug“. Ich sag: „Ja, aber es sollte doch vielleicht noch in der Woche sein“. Sagt er: „Ja, das geht am Donnerstag. Donnerstag, den 27. Juli“.
Und weil das Losungsbüchlein unser Notizbuch ist, weil wir da ziemlich zuverlässig jeden Morgen reinschauen, trug ich ein, 27 Juli.: Umzug. Dann kuck ich, was ist denn da eigentlich für ne Losung. Steht doch da: „Da zog Abraham aus, wie der Herr ihm geboten hatte“. Wir haben geschmunzelt und gedacht: So, so. Dann kümmert sich der Herr sogar noch um den Tag an dem wir Walddorf verlassen.
Und wenn wir das merken, das wir so in, bis in die kleinsten Dinge eigentlich von Gott erkannt werden – Er erkennt alle Dinge, auch die kleinen Dinge in unserem Leben – dann muss man auch wieder sagen: Gott ist größer als unser Herz! Größer als wir´s Ihm zutrauen.

Zuletzt möchte ich mich noch ganz kurz bei einigen der Mitarbeiter bedanken. Zuerst bei Bürgermeister Bauer – zum zweiten Mal. Er war vorhin schon in Häslach. Ich hab´ gedacht er wird doch nicht auch noch nach Walddorf kommen, sich die Abschiedspredigt zwei Mal anhören. Er hat´s trotzdem getan. Ich war mal Organist. Und da war auch ne´ Filiale dabei und ich muss dann auch in beiden Gemeinden Orgel spielen. Und da hab´ ich auch jede Predigt zwei Mal gehört. Also ganz so schlimm ist es auch nicht.
Ja, dem Bürgermeister mit dem ich doch eine ganze Zeit lang sehr gut zusammenarbeiten konnte, zuerst wo er Bürgermeister in Häslach war und dann wo er Bürgermeister von Walddorf und Häslach war. Wenn ich aber zurückdenke: Da ist noch ein anderer Bürgermeister da, mit dem meine Frau und ich und dessen Familie verbunden sind. Der Bürgermeister Hans Bäuerle ist so ziemlich mit mir als junger Springer nach Walddorf gekommen und wir haben eine ganze Zeit, jahrelang, miteinander gearbeitet und gut miteinander gearbeitet. Ich freue mich, dass der Herr Bäuerle heute da ist und das ich ihm und seiner lieben Frau auch besonders und persönlich danken kann.
Dem Rektor und den Lehrern mit denen ich zusammen gearbeitet hab´. Den kirchlichen Mitarbeitern, dem Kirchenpfleger. Ich hatte in Walddorf und in Häslach Glück mit den Kirchenpflegern. Hier in Walddorf Gustav Lang. Das ist ein gewissenhafter, treuer Mann. Zuverlässig. Der mich auch an manches erinnert hat, was uns gemeinsam anging. Danken möchte ich den Kirchengemeinderäten. Den Helfern im Kindergottesdienst, Karl Heim und den anderen Helfern, die mir ja diese Arbeit abgenommen haben.
Der Mesnerin, dem Dorle Nonnemacher. Ich hab´ mich dran erinnert, wie ich vor Jahren durch Walddorf fuhr und lief um eine Mesnerin oder einen Mesner zu werben – und bekam soviel Absagen. Und an einem Sonntag kommt meiner Frau plötzlich der Gedanke: „Fragen wir doch mal den Werner Nonnenmacher und das Dorle“. Und die haben nicht abgesagt. Und das die den Dienst angenommen haben und die den Dienst angenommen haben mit einer Liebe und mit einer Gründlichkeit, das habt ihr vielleicht sehen können, mit Augen sehen können, wenn das Dorle hier immer uns einen schönen Strauß auf den Altar besorgt hat.
[…] danken, dem Organist. Der Apostel Paulus sagt von einem seiner Mitarbeiter, Timotheus: „Ich habe keinen der so meines Sinnes sei, wie mein Sohn Timotheus“. Und wenn ich an meinen Organisten denke, dann muss ich sagen, ich habe keinen der so meines Sinnes sei was Musik anbetrifft, ich habe keinen der so gut die Orgel bedienen kann, als mein Sohn Klaus.
Ich möcht´ allen Mitarbeitern im CVJM danken, besonders dem Karl Wetzel, dem Ernst Förster, dem Gerhard Lang, Helmut Benz [?] und vielen andern Mitarbeitern. Ich freue mich, was das für Leute waren, die hier mir einen Teil der Jugendarbeit, - diese Arbeit, die mich beschwert hätte, weil ich genug hatte am Religions- und Konfirmandenunterricht. Dann ist man froh, wenn andre da sind, die besonders mit den Konfirmierten sich beschäftigen.

Tja, wenn ich an unsere Zusammenarbeit denke, mit all den genannten und ungenannten Mitarbeitern, wie wir miteinander gewachsen sind, gereift sind, – nicht nur an Alter, sondern auch an Weisheit und Gnade bei Gott und den Menschen, – dann müssen wir wohl auch miteinander rückblickend sagen, denken: Gott ist größer als unser Herz! Amen.

Donnerstag, 26. Juli 2012

Zeugnisse der Vergangenheit - Teil 2

Seite 1 im Original
Im Nachlass eines Verwandten, fand sich auch folgende Predigt. Obwohl mir der Autor mutmaßlich bekannt ist, will ich hier keinen Namen anführen, zumal ich es eben nicht mit letzter Sicherheit sagen kann. Ich teile auch nicht uneingeschränkt jede gezogene Schlussfolgerung, finde das Manuskript jedoch als Zeitzeugnis wertvoll und bedenkenswert. Inhaltlich ist der Text unverändert. Die Rechtschreibung wurde an die neue Rechtschreibung angeglichen, Fehler korrigiert und einige Hervorhebungen und Absätze hinzugefügt. Unterstrichene Hervorhebungen sind auch im Original so vorhanden.

Predigt am Buß- und Bettag 1961
Text: Maleachi 1,9

»So bittet nun Gott, dass er euch gnädig sei! Denn solches ist geschehen von euch.«

Den Buß- und Bettag im Herbst halten wir im Unterschied zu dem Landesbußtag im Frühjahr (der einzig unsere Württembergische Landeskirche angeht) mit allen evangelischen Christen in ganz Deutschland. Wenn wir einen Bußtag begehen, der in unserm ganzen Volk gehalten wird, dann fragen wir an solchem Tage nicht nach den Verfehlungen, die einzelne unter uns begangen haben, sondern: Worin haben wir uns als Glieder unseres Volkes versündigt? Sind wir als Volk auf dem rechten Wege? Ist womöglich unser ganzes Volk in der Vergangenheit einen verkehrten Weg gegangen, dass wir dies noch gar nicht erkannt und bereut haben, so dass Gott uns bis zu dieser Stunde widersteht?

Wir lesen nun schon seit dem Sommer, besonders seit dem 13. Aug., fast täglich in der Zeitung von Berlin. Gestern war erst wieder in dem Schwäbischen Tagblatt eine Abbildung von dem Brandenburger Tor, von der Mauer, die man dort gezogen hat. Wir sahen schon zuvor Bilder von der Mauer, die um ganz Ost-Berlin unter Bewachung von Hunderten von Volkspolizisten errichtet wurde. Entlang dieser Mauer sind die Häuser evakuiert, die Fenster zugemauert - und wer von West- nach Ost-Berlin wollte, kommt überall gegen diese Mauer, diese riesige trostlose Mauer, wie man sie sonst nur an einem Gefängnis findet. - Es ist bekannt, dass schon seit Jahren um ganz Ostdeutschland ein "eiserner Vorhang" heruntergegangen ist. Die ganze Grenze besteht in einem breiten Streifen, der eingeebnet ist. Mehrfache Stacheldrahtverhaue, Wachttürme, unzählige Wachttürme, die in Sichtweite errichtet wurden und mit Grenzpolizei besetzt sind, sorgen dafür, dass kein Mensch hinüber und herüber kommt. Aus einem ganzen Gebiet Deutschlands hat man ein Konzentrationslager gemacht. Wir können nach Osterreich, nach der Schweiz, Frankreich und andere angrenzenden Länder frei reisen und werden an den Grenzen freundlich und höflich abgefertigt und sind willkommene Gäste. Dies geschieht im Ausland, von Menschen, die eine fremde Sprache sprechen und vor kurzem unsere Feinde waren. Wollen wir aber nach Ostdeutschland, wo unsere Verwandten, Brüder und Schwestern leben, dann geraten wir gegen eine riesige Gefängnismauer, als seien unsere Brüder und wir selbst Verbrecher.

Aber nun können wir nicht in die Klagetöne der Zeitungen und unserer Politiker einstimmen. So sehr schmerzlich diese Mauer ist, so sehr wir mit den Brüdern in dem großen Gefängnis leiden – wir denken und glauben: Es kommt alles von Gott. Glück und Unglück, Leben und Tod - auch so eine schreckliche Mauer. Warum lässt Gott solches geschehen? Einsichtige Menschen denken - und das ist schon viel, wenn sie so denken: das ist die Folge eines verlorenen Krieges. Was wir den Nachbarvölkern angetan haben, müssen wir büßen.

Und seht, das eben kann ich nicht glauben.
Darum nicht: Wir haben den Nachbarvölkern Land geraubt. Aber haben die andern das nicht auch getan? 5 große Provinzen sind uns im Osten geraubt worden. Ostpreußen, Westpreußen, Posen, Schlesien, Pommern und noch mehr. Und die Nachbarvölker, die das nicht taten, haben es anfänglich zumindest gebilligt. Der Landraub an Polen und der Tschechei ist abgegolten - und damit auch vor Gott abgetan!
Wir haben uns an den Nachbarvölkern versündigt, indem wir ihre Gefangenen hungern und verhungern ließen - das haben die andern uns mehrfach und schrecklich vergolten. Diese Schuld ist auch vor Gott längst bezahlt.
Wir haben zuerst auf die Städte eines Nachbarvolkes Bomben fallen lassen. Die andern Völker haben uns das heimgezahlt. Nicht nur Auge um Auge, Zahn um Zahn, sondern sie haben das in der Art Kains und Lamechs siebenfach und siebenzigfach unserm Volk vergolten. - Das ist vor Gott abgetan. Und wenn das Blut und die Tränen von Millionen deutscher Flüchtlinge, unschuldiger Frauen und Kinder, die auf der Flucht umgekommen sind, gen Himmel schreit, dann wird es den Polen und Russen noch sehr schrecklich ergehen! Denn Gott sah und hörte nicht nur die Todesschreie polnischer und russischer Menschen, sondern auch das Schreien unschuldiger deutscher Menschen.

Aber warum widersteht denn Gott dem deutschen Volk?
Die Mauer in Berlin erinnert mich beständig an die Mauer einer andern europäischen Stadt. An eine Mauer, die während des Krieges durch Warschau gezogen wurde. Dort lebten in einem einzigen Stadtteil etwa eine Million Juden. In Warschau allein lebten so viel Juden, wie in ganz Deutschland vor dem Kriege. Um diesen Stadtteil wurde eine undurchdringliche Mauer errichtet, mit dem teuflischen Ziel die Juden an Hunger und Seuche sterben zu lassen. Und als jüdische Männer in Todesverzweiflung durch die Schächte der Straßenkanalisation einen Ausbruch unternahmen, hat man ein großes Blutbad angerichtet, die jüdischen Männer ermordet und die Frauen, Kinder und Greise qualvoll umkommen lassen - bis es in Warschau keinen Juden mehr gab. - Ich weiß davon durch einen Freund. Er war begeisterter Nationalsozialist - ein guter Mensch, aber verblendet und verführt. Er war, wie ungezählte Deutsche, Nationalsozialist aus Idealismus. Er gab das Theologiestudium auf und wurde Arzt. Im Kriege Militärarzt in - : Warschau! Da erst gingen ihm die Augen auf. Was er erlebte, war so entsetzlich, dass er nun und zu spät seine Schuld erkannte: aus guter Meinung, in gutem Glauben, mitschuldig geworden zu sein an einem schrecklichem, endlosen satanischem Morden, wie es noch nie in der Welt jemals geschehen ist. Die Erkenntnis dieser Schuld war für ihn so niederschmetternd, dass er in seiner Ohnmacht, das nicht mehr verhindern zu können, keinen andern Ausweg wusste, als durch eine Überdosis von Morphiumtabletten seinem Leben ein Ende zu bereiten.

Was aber in Warschau geschah, das übersteigerte sich sechsfach in allen von deutschen Truppen besetzten Gebieten: Es sind noch weitere 5 Millionen Juden auf ähnliche Weise und noch grausamer umgebracht worden. Das geschah an einem Volk, das keine Waffen hatte, das uns nicht wie die Nachbarvölker Auge um Auge heimzahlen konnte - dies nicht mehr konnte und nicht mehr will, und einen der Hauptverbrecher menschlich und gerecht behandelt und in einem Gerichtsverfahren ihm einen Verteidiger gibt, einen der besten und geschicktesten Verteidiger, wie Dr. Servatius. Und diesen Hauptschuldigen vor einer Volksjustiz auch noch schützt.

Wir erkennen in diesem Prozess, dass alle jene abscheulichen unmenschlichen Mörder so wurden, weil sie unter einem satanischen Zwang lebten. Und selbst Himmler ging es so, dass es ihm bei einer Massenerschießung von Juden zum Brechen übel wurde und nie mehr Augenzeuge solchen Mordens wurde. Wer von Satan in Dienst genommen wird - ganz gleich aus welchen, Motiven er es tut, wird so geknechtet und so übermäßig schuldig, dass ihm der Tod, der Selbstmord als der gelindeste Ausweg erscheint. Aber damit ist die Teufelei und Grausamkeit längst nicht gesühnt. - Das Unrecht an den Juden kann nie und nimmer und auf keine Weise gesühnt werden, auch nicht so, dass etwa Israel die Macht und Möglichkeit hätte 6 Millionen Deutsche umzubringen. Was dieses Volk nie tun kann, nie tun will und nicht tun würde. Aber eben damit bleibt unsere ungesühnte Schuld - auch vor Gott immer noch bestehen.

Was können, was sollen wir da tun?
Zuerst einmal beherzigen: "Solches ist geschehen durch euch."
Aber die meisten, die hier in der Kirche sitzen, werden und müssen sofort denken: durch uns?! Wir haben doch nicht Hitler zum Reichskanzler gewählt! Wir haben überhaupt nie einen Juden gesehen. Wir konnten darum auch keinem Juden ein Unrecht tun! Wir waren auch nicht bei der Partei. Wir kennen den Nationalsozialismus überhaupt nur vom Hören und Sagen! Vom Erzählen der Erwachsenen, oder durch den Unterricht in der Schule.
Aber wir wissen, dass "Gott die Sünde der Väter heimsucht an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied so ernst nimmt Gott die Sünde. Und wenn wir das wissen, gilt es für die Kinder, die Sünde der Väter zu erkennen und zu bereuen, und darum "Gott zu bitten, dass er uns gnädig sei."
Doch das machen die Väter den Kindern sehr schwer, dass die Kinder ihre Sünde wissen. Und wenn der Pfarrer die Kinder dies wissen lässt, sind sie sofort böse und sagen: Der verkündigt nicht das Evangelium, sondern der bringt Politik auf die Kanzel!!
Die Väter sagen dies so entrüstet, dass die Kinder denken müssen: Welch entsetzliche Verirrung: Der Pfarrer macht auf der Kanzel Politik! Und weil darüber sogar gute, ernsthafte Christen entrüstet sind, denken die Kinder: Der Pfarrer muss sehr weltlich sein, wenn er auf der Kanzel über politische Dinge redet und am Buß- und Bettag eine politische Predigt hält...!
Aber wisst, Ihr Kinder, von wem diese Weisheit der Väter stammt? Das haben sie von Hitler gelernt und angenommen. Hitler hat dagegen geredet, dass die Politik auf die Kanzel kommt. Und der wusste, was er tat. Er wollte allein Politik machen und die Menschen verdummen. Er wollte sich von niemand drein reden lassen. Und weil er ein Fuchs war und sehr schlau, wusste er, dass die Frommen im Lande so denken: Politik gehört nicht auf die Kanzel.
Aber wer hatte dies vor Hitler den Frommen denn eingegeben, dass Politik nicht auf die Kanzel gehöre? Der Teufel selbst. Auch fromme Menschen lassen sich vom Satan verdummen und verblenden. Wer die Bibel nicht bloß liest, sondern sie beherzigt und über die Heilige Schrift nachdenkt, merkt sofort: Das ganze Alte Testament ist eine Politische Schrift. Die Propheten waren politische Menschen, darum wurden sie gesteinigt. Wären sie "die Stillen im Lande" geblieben, so hätte ihnen niemand etwas getan.
Jesus war ein politischer Mensch. Hätte er nur eine Herzensfrömmigkeit gepredigt, so wäre er nicht gekreuzigt worden. Wenn er über Jerusalem weint, dann sind das Tränen eines politischen Menschen.
Die Apostel haben politisch geredet und geschrieben, sonst hätte ihnen niemand etwas getan.
Die ersten Christen waren politische Menschen. Darum haben sie den Kriegsdienst verweigert, darum haben sie dem Kaiser keine Opfer gebracht… und darum mussten sie sterben.
Die Christen der Reformation waren politische Menschen, weil sie an die Heilige Schrift gebunden waren... und darum gab es den 30jährigen Krieg.

Wohl erstmalig in unserer Zeit taucht die Meinung auf: Evangelium und Politik haben nichts gemein. Daran sollt ihr Kinder erkennen, wie verdorben unser Christentum ist-: Salz, das nicht mehr würzt, faul ist - wie verdorben und faul die Christen geworden sind.
Und dies unter dem Schein der Frömmigkeit! Wann wird endlich das über die Maßen dumme und böse Gerede aufhören: Politik gehört nicht auf die Kanzel. Solange dieses dumme und böse Gerede bei uns Geltung hat, gibt es keine Buße. Darum ist Gott gegen uns.  Darum gibt es die Mauer in Berlin.
Denn Gott denkt politisch und handelt politisch - seit Jahrtausenden. Jesus ist nicht als Mensch der Herzensfrömmigkeit ans Kreuz geschlagen worden, sondern: als König der Juden! Und Juden und Christen mussten und müssen sterben, weil sie einen politischen Glauben haben.

Solche Erkenntnis hat es in unserm Volk leider nicht gegeben. Daran sind die "frommen Menschen" schuld, die nicht mehr die Bibel ohne vorgefasste Meinungen lesen können. Und die darum Werkzeuge des Teufels wurden und immer noch sind, wenn sie nicht Buße tun. Das heißt, wenn sie nicht zu politischen Menschen werden. Hätten sie die Bibel als politisches Buch ernst genommen, dann wäre Hitler nicht Reichskanzler geworden, und dann hätte es keine so unermessliche Schuld an Israel gegeben.

Die Schuld trifft aber nicht nur die frommen Väter, sondern auch die Schule, die Lehrer, die Universität. Es ist etwas durchaus Satanisches, wenn die Schulbildung - auch nach dem Krieg, und besonders nach dem Krieg, den Stoffplan vollstopft. Wenn aus den Schulen Fabriken der Wissenschaft gemacht werden. Wenn allein die Menge, die Quantität des Wissens gilt. Wo in Wirklichkeit es gar nicht darauf ankommt, dass wir viel wissen, sondern Weniges und Wichtiges.
Wenn wir nicht endlich erkennen, dass viel Wissen bläht. Der Religionsunterricht wird zunehmend ein Nebenfach. Und sollte das Hauptfach, das wichtigste Fach werden. Weil allein der Religionsunterricht Weniges und Allerwichtigstes vermitteln könnte.
Darüber haben wir Buße zu tun: Wir, das heißt: die Frommen und die Gebildeten. Die Kirchenleitung und das Kultministerium. Und alle deutschen Menschen, die von der Kirche und von der Wissenschaft etwas Ersprießliches erwarten.

Was wir vor allen Dingen lernen und wissen müssen ist dies: Gott sucht die Sünde der Väter heim, an den Kindern bis ins 3. und 4. Glied, weil Gott die Sünde so sehr verabscheut.
Was wir zu lernen haben und wissen sollten, ist dies: Dass Israel das auserwählte Volk Gottes ist. Wir haben es lange verachtet, als die Juden, die den Heiland gekreuzigt haben, in Blindheit und Bosheit. Gott hat dieses Volk furchtbar gestraft. Auch durch das deutsche Volk. Aber wir sollen wissen: Zuerst wurde diesem Volke gesagt: "Ich bin der Herr, dein Gott." Und wenn dieses Volk so blind und böse ist, dass es dies nicht zur Kenntnis nimmt, so bleibt Gott der Herr dieses Volkes - selbst, wenn es seinen Sohn an das Kreuz schlägt! Gott straft sein Volk mehr als andere Völker. Aber wehe denen, die zur Zuchtrute dieses Volkes werden. Die werden zerbrochen. Gott zerbricht die Ruten, mit denen er sein Volk schlägt: die Babylonier, aber auch die Deutschen.

So verstehen wir die Schriftlesung. "Fürchte dich nicht! Weiche nicht, denn ich bin dein Gott. Ich stärke dich, ich helfe dir auch. Siehe, sie sollen zu Spott und Schanden werden, die dir gram sind. Sie sollen werden wie nichts! Und die Leute, die mit dir hadern, sollen umkommen. Die Leute, die mit dir zanken, sollen werden wie nichts. Und die Leute, die wider dich streiten, sollen ein Ende haben. Denn ich bin der Herr, dein Gott."
Müssen wir das glauben? Oder haben wir das nicht erfahren?!

An einem Buß- und Bettag müssen wir daran denken. Wir sehen doch, und müssen es nicht glauben, dass Gott unsere privaten Sünden gar nicht so ernst nimmt, weil es vielfach "Puppensünden" sind. Aber unsere politischen Sünden, die wir als Glieder unseres Volkes getan haben, die gehen uns nach, die bestimmen das Schicksal unseres Volkes. Die politischen Sünden, die unsere Väter getan haben, von den Vätern nicht erkannt und bereut sind, von den Kindern aber aus Unwissenheit nicht mehr gesehen werden - die sind die Ursache dafür, dass es in Berlin die Mauer gibt, dass ein ganzes Gebiet zu einem kommunistischen Gefängnis gemacht wird.

Aber sehen wir auch den unerforschlichen Rat, die Weisheit und Güte Gottes. Wir haben uns schrecklich an Israel versündigt. Wir haben dieses Volk gepeinigt - unsagbar in dem letzten Kriege. Aber ausgerechnet wir haben die Juden in das Land ihrer Väter getrieben. Ohne Hitler, ohne den letzten Krieg gäbe es keinen Staat Israel. - So kann Gott aus der größten Schuld noch etwas Gutes machen. So kann er Hitler und den Teufel und ein verführtes Volk noch gebrauchen, dass sein Wille geschehe: Dass seit 1948 die Juden in das Land ihrer Väter zurückkehrten und einen eigenen Staat haben.

Wir erkennen daraus, dass Gott mit diesem Volke ist. Der Feigenbaum der verdorrt war, ist wieder eingepflanzt. Keine Macht der Welt kann ihn ausreißen. Er ist angewachsen und treibt Knospen und Blätter. Der Sommer ist nahe. Der König der Juden ist diesem Volk und der ganzen Welt nahe - in Gericht und Gnade.

Und weil Gott mit diesem Volke ist, darum liegt es an uns, wie wir uns zu Israel stellen. Dieses Volk steht unter dem Spruch Gottes: „Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen.“
Aus dieser Erkenntnis haben Christen seit dem letzten Krieg Pakete und Geldspenden alljährlich für Israel geschickt. Von dieser Erkenntnis mag der Bundeskanzler etwas haben. Er hat sich dafür eingesetzt, dass die Bundesrepublik an Israel materiell gut machte, was nur möglich war. Darum war Gott mit diesem Mann. Gab Ihm ein hohes Alter und Ansehen in der Welt, Ansehen auch dem verruchten deutschen Volk. Adenauer mag vieles oder alles verkehrt gemacht haben in seiner Politik. Eins war richtig - und gilt vor Gott: was er Israel Gutes tat. So hat er vor Gott richtig gehandelt, bei allen Misserfolgen.

So wird es auch bei uns sein. Wir fehlen mannigfaltig, als Pfarrer, Lehrer, Handwerker, Arbeiter - in Lehre und Leben. Aber in der gegenwärtigen Zeit sieht Gott vor allen Dingen darauf, was wir an Israel tun oder lassen.

Gott wartet darauf, dass wir erkennen und bereuen, was durch uns an Israel Böses geschehen ist: Solches ist geschehen von euch! Und dass wir bitten, dass Gott uns gnädig sei. Den Ernst dieser Bitte aber durch die Tat erweisen, dass wir Israel nicht nur Segen wünschen, sondern auch für Israel tun, was in unserem Vermögen liegt. Dass wir in die Opferbüchse "Brot für die Welt" einmal für Israel opfern und an einzelne Adressen von bedürftigen Juden schicken was uns möglich ist.
Damit tun wir unsern Brüdern in Osten einen Dienst. Damit machen wir die Mauer brüchig, die uns von den Ostdeutschen Brüdern trennt. Damit bekommen wir Gott auf unsere Seite. Und das ist wichtiger, als dass wir den Präsidenten der Vereinigten Statten für uns haben. So werden wir politisch tätig, in einer Art, die Gott gefällt.

Worüber müssen wir heute wohl Buße tun? Ein Volk das dem Namen Gottes keinen Wert mehr beilegt, moralische und sittliche Gebote hinsichtlich Sexualität und Ehe über Bord geworfen und dabei das tausendfache Morden ungeborenen Lebens legitimiert hat.

Persönlich glaube ich auch, das politisches Wirken und christlicher Wandel hier zu unterscheiden gewesen wäre. »Alle aber auch, die gottselig leben wollen in Christus Jesus, werden verfolgt werden.« (2. Timotheus 3,12; Elb.CSV). Hier wird vom Autor obiger Predigt zu stark vermischt, was nicht vermischt werden darf. Es ist eine Sache verfolgt zu werden, weil man gottselig leben will. Aber es ist eine andere Sache deswegen verfolgt zu werden, weil man politisch tätig wird. Wobei, wie gesagt, nicht alles was angesprochen wurde tatsächlich politscher Natur ist; hier rächt sich eben die Ungenauigkeit, nämlich dann wenn es eigentlich um den christlichen Wandel in Gottseligkeit geht.

Dann noch ein letztes zu den Sünden der Väter. Ich bin der Auffassung das dieser Fluch daraus resultiert, weil - und wenn - die Kinder in den Sünden der Väter weitergehen. Das heißt: Die gleichen Sünden begehen oder sogar noch darüber hinausgehen - eben indem sie dem üblen Vorbild ihrer Väter folgen. Das heißt aber auch: Wenn sie diesem Vorbild nicht folgen, sondern im Gegenteil, dann gibt es keinen Anlass mehr zum Gericht. Aber eben auch hier: Ich hatte oben die drei Kernfelder umrissen, auf denen unser Volk vielfach sündigt und Buße tun muss. Gesetzlich ist heute vieles erlaubt, was vor 30-40 Jahren noch strafbewehrt war. Wer hier keinen Niedergang erkennen kann, betrügt sich schlichtweg selbst.

Sonntag, 22. Juli 2012

Abigail, Aksa und andere Vorbilder

Nachdem wir in der Gemeinde am heutigen Tag einige Belehrungen zu 2. Könige 4,8-12 hören durften, liegt es mir am Herzen auf eine Sache hier einzugehen. Wir finden hohe Wahrheiten im Umgang der Frau mit Elisa, die wir auch auf den Umgang, den wir mit dem Herrn Jesus haben dürfen, anwenden dürfen. Ich will jedoch etwas Bescheideneres hier aufgreifen, da es meine vorangegangenen Einträge in wunderbarer Weise ergänzt.

Das Verhalten der Frau, wie wir es im erwähnten Bibeltext finden ist vorbildlich. Und so manches Mal zeigt uns die Heilige Schrift das überaus gesegnete Wirken einer Frau. Wie viele Frauen werden im Wort Gottes in bevorzugter Weise erwähnt, wobei wir von ihren Männern oft nur Randnotizen mitbekommen. (Aber seien wir gerecht: Wir finden natürlich auch ebensolch bevorzugte Männer).
Nehmen wir Abigail: »Und der Name des Mannes war Nabal, und der Name seiner Frau Abigail. Und die Frau war von guter Einsicht und schön von Gestalt; der Mann aber war hart und boshaft in seinen Handlungen, und er war ein Kalebiter.« (1. Samuel 25,3; Elb.CSV)
Ich bezweilfe das Nabal wusste was er an seiner Frau hatte. Und die weitere Geschichte zeigt uns sein unrühmliches Ende, über welchem hoch erhaben doch das einsichtsvolle Handeln seiner Frau steht. Sie vermochte David vor einem falschen Weg zu bewahren. Und David wusste sicherlich was er tat, als er nach dem Tod Nabals, um Abigail warb, um sie sich zur Frau zu nehmen.

Das bringt mich zu zwei weiteren Personen, die in der Schrift sehr positiv erwähnt werden.
»Und Kaleb sprach: Wer Kirjat-Sepher schlägt und es einnimmt, dem gebe ich meine Tochter Aksa zur Frau. Da nahm es Othniel ein, der Sohn des Kenas, ein Bruder Kalebs; und er gab ihm seine Tochter Aksa zur Frau. Und es geschah, als sie einzog, da trieb sie ihn an, ein Feld von ihrem Vater zu fordern. Und sie sprang vom Esel herab. Und Kaleb sprach zu ihr: Was hast du? Und sie sprach: Gib mir einen Segen; denn ein Mittagsland hast du mir gegeben, so gib mir auch Wasserquellen! Da gab er ihr die oberen Quellen und die unteren Quellen.« (Josua 15,16; Elb.CSV)
Durch Glauben hatte Othniel Kirjat-Sepher geschlagen und Aksa durch Glauben ein weiteres Stück des Landes Kanaan erworben. Sie war darin dem Vorbild ihres Vaters gefolgt, der zu Josua gesagt hatte: »Und nun gib mir dieses Gebirge, von dem der HERR an jenem Tag geredet hat; denn du hast an jenem Tag gehört, dass die Enakim dort sind und große, feste Städte. Vielleicht ist der HERR mit mir, dass ich sie vertreibe, so wie der HERR geredet hat.« (Josua 14,12; Elb.CSV). Wir dürfen daher gewiss sein, das Kaleb seiner Tochter und seinem Schwiegersohn gerne von dem Land gab.

Für uns hat dies alles eine geistliche Bedeutung, darf „Kanaan“ ein Bild sein für den geistlichen Reichtum, den wir in den himmlischen Örtern besitzen dürfen (siehe Epheser 4,22-24). Wohl dem Mann, der wie Othniel eine Frau sein Eigen nennen darf, die sich nach diesen geistlichen Reichtümern ausstreckt, um sie in dem gemeinsamen Wandel auf dieser Erde zu genießen.

Was ist mit Sara? Wir hatten an anderer Stelle von „dem verborgenen Mensch des Herzens in dem unvergänglichen Schmuck des sanften und stillen Geistes, der vor Gott sehr kostbar ist“ gehört. Und genau an der Stelle fährt die Bibel fort: »Denn so schmückten sich einst auch die heiligen Frauen, die ihre Hoffnung auf Gott setzten und sich ihren eigenen Männern unterordneten: wie Sara dem Abraham gehorchte und ihn Herr nannte, deren Kinder ihr geworden seid, wenn ihr Gutes tut und keinerlei Schrecken fürchtet.« (1. Petrus 3,5-6; Elb.CSV)
Ich möchte so manche Schwester hier einmal fragen, ob Sara für sie ein Vorbild ist? Die heiligen Frauen des alten Bundes, die uns hier vor Augen gestellt werden? Sie sollten es sein, denn die Schrift benennt sie als solche! Es besteht ein großer Unterschied zwischen einer Frau „von guter Einsicht“ und einer vorlauten, besserwisserischen Frau. Davon sprechen auch die Sprüche sehr deutlich:
»Eine tüchtige Frau ist ihres Mannes Krone, aber wie Fäulnis in seinen Gebeinen ist eine schändliche.« (Sprüche 12,4; Elb.CSV)
»Besser ist es, auf einer Dachecke zu wohnen, als eine zänkische Frau und ein gemeinsames Haus.« (Sprüche 21,9; Elb.CSV)
(siehe auch: Sprüche 21,19 + 25,24 + 27,15)
»Unter dreien erzittert die Erde, und unter vieren kann sie es nicht aushalten: … unter einer unleidlichen Frau, wenn sie geheiratet wird.« (Sprüche 30,21+23a; Elb.CSV)
Dann aber auch: »Eine tüchtige Frau, wer wird sie finden? Denn ihr Wert steht weit über Korallen.« (Sprüche 31,10; Elb.CSV)
Den extremsten Gegenentwurf, zu den Beispielen an geistlichen Frauen die wir hier betrachtet haben, finden wir wohl in Isebel, der Frau Ahabs, die das Böse in ihrem Mann fortwährend förderte und dazu ihre weibliche Stellung missachtete. (vgl. 1. Könige 21,25).

Was lernen wir also? Es gibt wunderbare Frauen unter den Gläubigen, die Gottes Willen folgend – gemäß ihrer Stellung – ihren Dienst tun und (sofern verheiratet) ihren Männern eine wirkliche Hilfe sind. Ein vernünftiger Mann wird – wie David – bereit sein auf den Rat einer Frau von guter Einsicht zu hören.

Es gibt aber auch abartige Abweichungen von Gottes Ordnungen, resultierend sowohl aus mangelndem Verständnis, als auch manches Mal aus offener Rebellion (Und zwar nicht nur bei Ungläubigen!).

Das Wort Gottes lässt uns darüber nicht im Unklaren, das dem Weg der Treue und des Gehorsams auch der Weg der Untreue und des Ungehorsams gegenübersteht. Welchem Weg wollen wir folgen?

Mittwoch, 18. Juli 2012

Lese-Tagebuch - Eintrag 11 (Teil 2/2)

Buch: Das Jungfrauenleben im Lichte des Evangeliums
Autor: Elias Schrenk (1831 – 1913)

Bevor ich die Betrachtung des Buches von Elias Schrenk fortführe, möchte ich eine andere Sache ansprechen. Wer diesen Blog aufmerksam verfolgt wird einige wiederkehrende Themen erkennen können: Der stetige Niedergang der allgemeinen Christenheit in geistlicher und sittlicher Weise, bis hin zum eigenen Versagen von welchem auch der Autor dieser Zeilen nicht frei ist. Nun, gibt es denn gar keinen Sieg im Glaubensleben? Doch! Und er sollte sogar der Normalfall sein.

Die Heilige Schrift führt aus, das unser Glaubensleben ein wachstümlicher Prozess ist. Sie nennt Kinder, Jünglinge und Väter im Glauben. Und dergestalt sollen wir heranreifen. Den Jünglingen im Glauben weiß der Apostel Johannes zu schreiben:
»Ich schreibe euch, Jünglinge, weil ihr den Bösen überwunden habt.« … »Ich habe euch, Jünglinge, geschrieben, weil ihr stark seid und das Wort Gottes in euch bleibt und ihr den Bösen überwunden habt.« (1. Johannes 2,13b+14b; Elb.CSV)
Worin besteht nun die Gefahr, vor was muss Johannes sie warnen? Da ist Sieg, da ist Stärke, das bleibende Gotteswort! Wo also hat der Feind seine Angriffsfläche?
»Liebt nicht die Welt noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm; denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt.« (1. Johannes 2,15-16; Elb.CSV)
Dann, wenn Sieg und Stärke da sind und ein junger Gläubiger sich unbesiegbar wähnt, lockt Satan mit der Welt. Die Lust des Fleisches, der Augen und der Hochmut des Lebens sollen vor unsere Blicke gestellt werden und uns von echter Christusnachfolge abziehen. So manches einst blühende Glaubensleben welkte dahin, weil man einem solchen zerstörerischen Ruf nachgab. Gibt es nun keine Hoffnung mehr? Doch! Und darum schreibe ich auch über Buße – den Weg zu ändern, auszurichten an den Wegen von denen Gott will das wir sie gehen.

Jemand hat einmal gesagt: „Fallen ist menschlich, liegen blieben ist teuflisch, wieder aufstehen ist göttlich“. Jakobus wusste: »denn wir alle straucheln oft.« (Jakobus 3,2; Elb.CSV)
David ist aufgestanden, nach seinem schrecklichen Ehebruch. Petrus ist aufgestanden, nachdem er den Herrn im Hof des Hohepriesters mehrmals verleugnet hatte. Und wenn ich den Gläubigen mit meinen Ausführungen eines zurufen will, dann dies endlich aufzustehen. Der Ruf des Herrn an Petrus sollte auch unsere Herzen aufrütteln: »Folge du mir nach!« (s. Johannes 21,22)

Elias Schrenk führt im Abschnitt Die Tochter als Jungfrau weiter aus:
„Wahrhaft christliche Eltern liegt die Tochter in den Jahren ihres Jungfrauenstandes ganz besonders am Herzen, da diese Zeit so viele Versuchungen bringt, und die Entwicklung der Tochter in jenen Jahren für Zeit und Ewigkeit so wichtig ist.“ (Schrenk, Seite 20)
„Lasst die Liebe Jesu einziehen in eure Herzen, statt all der verderblichen Lüste, die euch nichts geben können, als Täuschung, Elend und Jammer. Seid und bleibet einfach und demütig und lernet die Freuden kennen, die ewiglich bleiben, die nur Jesus euch geben kann; sie allein machen euch wahrhaft glücklich.“ (ebd., Seite 24)
„Willst du etwas rechtes lernen im Leben, so lerne dich demütigen und lass dir etwas gefallen, und du selbst wirst den größten Gewinn davon haben. Wer bald meint, er wisse alles, ist hochmütig und dumm.“ (ebd., Seite 28)
„Die Welt liegt im Argen; wie kannst du sie überwinden, so lange du nicht als arme Sünderin im Glauben an Jesum stehst? Nur der Glaube eines gedemütigten Menschen, der nicht mehr auf eigene Kraft vertraut, sondern ganz auf Jesum Christum, überwindet die Welt, weil die Liebe Jesu seine Macht ist.
Für diese Liebe ist unser Herz geschaffen. Der Mensch muss etwas lieben, er kann nicht anders. Besonders im Herzen der Tochter ist ein tiefes Bedürfnis für Liebe. So lange Jesu Liebe ihr nicht das Höchste ist, so lange hat ihr Herz nicht den rechten Angelpunkt gefunden und schwebt in beständiger Gefahr, sich an etwas hinzugeben, was Herz und Gemüt nicht stillen kann. Was soll denn das Jagen nach allen möglichen Vergnügungen bezwecken? Das arme Menschenherz fühlt eine tiefe Leere, die man mit Dunst ausfüllen möchte, und doch kann nur Jesu Liebe sie ausfüllen, alles andere hilft nicht.“ (ebd., Seite 30)
Bruder Schrenk macht weitere Ausführungen, u.a. über das Diakonissenwesen, die ich hier nicht darlegen will. Manches mag sich strukturell verändert haben. Vor allem aber glaube ich, das der Begriff „Diakonie“ zu sehr eingeengt wurde. Es ist der allgemeine Begriff für „Dienst“ im Neuen Testament (neben anderen, teils spezielleren wie leitourgia oder im Verb vorkommend douleuō). Man hat hier eine Art von Dienst herausgegriffen und – wie ich meine unbeabsichtigt – mit der Zeit über andere erhoben. Es gibt viele vorzügliche Wege für eine junge Frau (und für einen jungen Mann) den Geschwistern, den Mitmenschen – wem auch immer und wo auch immer uns Gott hingestellt hat – zu dienen.

Vor allem aber - und das sollte doch deutlich geworden sein - stellt sich die Frage danach ob unsere Gesinnung nur der Ausdruck unseres eigenen, so oft fehlgeleiteten Herzens ist oder wahrhaft die Züge dessen trägt, der uns als Herr vorangegangen ist. Damit lasst mich schließen: »Denn diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus war,« (Philipper 2,5; Elb.CSV). Lies doch einmal diesen ganzen Abschnitt im 2. Kapitel des Briefs an die Philipper, um Seine Gesinnung ein wenig besser zu verstehen. »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ein Knecht ist nicht größer als sein Herr, noch ein Gesandter größer als der, der ihn gesandt hat.« (Johannes 13,16; Elb.CSV)

Dienstag, 17. Juli 2012

Lese-Tagebuch - Eintrag 11 (Teil 1/2)

Buch: Das Jungfrauenleben im Lichte des Evangeliums
Autor: Elias Schrenk (1831 – 1913)
Auflage: 9. Auflage, 1922
Verlag: Evangelischer Missionsverlag, Stuttgart
Seitenzahl: 41

Wir leben in einer Zeit, in der sich der „Reichtum“ Laodizeas offenbart. Eine Fülle von Studienbibeln, Bibelkommentaren, „Lebenshilfen“, christlichen Romanen, usw. erinnern an die Worte des Predigers: »Und überdies, mein Sohn, lass dich warnen: Das viele Büchermachen hat kein Ende, …« (Prediger 12,12a; Elb.CSV). Eine Vielzahl davon ist das Papier nicht wert auf dem es geschrieben wurde und taugt allein als Zeugnis dieses traurigen Zustandes: »Weil du sagst: Ich bin reich und bin reich geworden und bedarf nichts und du weißt nicht, dass du der Elende und Jämmerliche und arm und blind und nackt bist« (Offenbarung 3,17; Elb.CSV).

Wo lernt ein Mädchen heute noch, dass „dienen, eine der wichtigsten Eigenschaften einer christlichen Tochter ist“ (Schrenk, Seite 6)? „Nicht nur für sich, sondern für andere zu leben, d.h. es lernt lieben“ (ebd.).

Es sei mir erlaubt einige längere Abschnitte aus diesem Büchlein zu zitieren, welche die Ernsthaftigkeit echter Christusnachfolge vor die Augen einer jungen Frau bzw. ihrer Mutter stellen möchte.

In dem Abschnitt über die Schulzeit der Tochter schreibt Elias Schrenk:
„Frühe schon zeigt sich der Hang nach Eitelkeit und Putzsucht*, was dann so rasch wieder zu Gefallsucht, Liebeleien und andren Sünden führt. Eine christliche Mutter muss auf Einfachheit, Wohlanständigkeit, Bescheidenheit und Demut halten. Sie gehören wesentlich zum weiblichen Wesen einer christlichen Tochter und sind viel lieblicher, als jene fratzenhafte Eitelkeit, die jetzt so viele Töchter auszeichnet.“ (ebd., Seite 10)
„Es ist schön, wenn ein Mädchen geistiges Interesse hat und Lust zum Lesen zeigt; aber gerade hierin bedarf es der sorgfältigen Leitung. Es ist unverantwortlich, wenn Mütter sich kaum bekümmern um die Lektüre der Tochter. Wir haben jetzt eine wahre Sündflut von schlechtem Lesestoff für Kinder, der unsere Jugend vergiftet. Alle jene Romane, die durch ihre schlüpfrigen Geschichten unreine Bilder in der Tochter Seele hineintragen, sind Gift und ruinieren Leib und Seele. Lektüre, in der das Heilige verspottet und bewitzelt wird, gehören nicht in ihre Hand, weil sie Gottesfurcht und Glaube zerstört. Es ist keine verlorene, sondern gut verwendete Zeit, wenn die Mutter die Lektüre der Tochter genau prüft, es ist ihre Pflicht vor Gott. Gerade durch Überwachung des Lesestoffs gewinnt die Tochter unter dem Einfluss der mütterlichen Autorität ein selbstständiges sittliches Urteil, einen christlichen Charakter, der Schädliches und Gemeines abweist, was für das ganze Leben so notwendig ist.“ (ebd., S. 11+12)
Waren es früher Romane, sind es heute wohl oft Fernsehserien wie „Sex and the City“  oder „Desperate Housewives“, die das Denken – leider wohl auch so manch´ gläubigen Frau – nachhaltig geprägt haben.

„Es macht mir immer einen peinlichen Eindruck, wenn ich sehe, wie rüstig manche Mutter oder sogar Großmutter ihre Hände rührt im Hauswesen, und wie die angehende Jungfrau daneben steht, als wären es Pflichten unter ihrem Stand. Wofür sollen denn die meisten unserer Töchter erzogen werden? Etwa für den Ballsaal, den Tanzboden und das Theater? Gewiss nicht, sondern für das praktische Leben. Warum fehlt es in unseren Tagen dem weiblichen Geschlecht so vielfach an Einfachheit?“ (ebd., Seite 15)
Sind die Tage heute besser geworden? Ich meine nicht. Elias Schrenk konstatiert dann:
„Die Töchter werden sehr oft nicht von früher Jugend auf angehalten, Hand anzulegen im Hauswesen, soweit es die Schulaufgaben gestatten, und darum bekommen sie nicht jenes einfache Wesen, das häusliche Arbeit der Tochter aufprägt, sie werden vornehm über ihren Stand hinaus, putzsüchtig*, genußsüchtig und eitel.“ (ebd.)
* Anmerkung: "putzsüchtig" heißt: „Sich herauszuputzen“ = sich schönmachen, zurechtmachen…
Die Schrift fordert die jungen Frauen dazu auf: »Ihre Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben, besonnen, keusch, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt, gütig, sich den eigenen Männern unterzuordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert werde.« (Titus  2,4b-5; Elb.CSV).
Gleichwohl verstehe ich diese Schriftstelle nicht so, als wären junge Männer in der Erziehung von jeglichen häuslichen Arbeiten auszunehmen. Dies näher auszuführen würde an dieser Stelle zu weit führen. Sagen wir einfach, das der ledige Mann seinen Hausstand durchaus nicht mit weniger Sorgfalt führen sollte, als es seine spätere Frau einmal tun wird. Und ich sehe auch kein Verbot, das er ihr später nicht auch hilfreich zur Seite stehen darf. Aber kehren wir zurück zu den Ausführungen Schrenks:
„Liebe Mütter, gebt euren Töchtern eine praktische Erziehung für das Leben; gewöhnt sie von Jugend auf an Einfachheit, Sparsamkeit, Arbeit und Selbstverleugnung. Diese Tugenden sind ein Kapitel für das spätere Leben und erleichtern euren Töchtern unendlich viel.“ … „In einem Hause, wo Einfachheit und Ordnungssinn waltet, wo die Hausfrau nach allen Seiten hin ihre Pflicht tut und dem Manne allezeit ein freundliches Lächeln entgegenbringt, fühlt sich der Mann daheim, und wird bewahrt vor dem heillosen Vereins- und Wirtshausleben, das mehr und mehr das Familienleben zerstört. Eine christliche, tüchtige Hausfrau, die wenig oder kein Vermögen hat, ist mehr wert, als eine schlechte Hausfrau mit Geld.“ (ebd., S. 16)
„Ich habe von der christlichen Hausfrau geredet, weil ich weiß, dass eine Erziehung der Tochter, wie ich sie geschildert habe, wesentlich zum Christentum gehört. Unser Heiland ist nicht umsonst arm, einfach, demütig und allezeit genügsam gewesen; es gehörte zu seinem Erlöserscharakter. Denke dir den Heiland der Armen und Elenden anders als er in den Evangelien vor uns steht, und du wirst es nicht können. Eine eitle, geschraubte (Anm. tjw: gekünstelte oder affektierte), gefallsüchtige, arbeitsscheue, vergnügungssüchtige und nach hohen Dingen trachtende Tochter kann nie und nimmer Jesu Jüngerin sein. Liebe Mütter! Folget Jesu nach, werdet Vorbilder eurer Töchter in der Demut, in der Einfachheit, Bescheidenheit und Genügsamkeit, in der Treue in den nächsten Pflichten, in der Liebe zum Heiland, damit sich ihnen frühe Jesu Bild einpräge. Tut ihr das, so erfüllt ihr einen hohen Beruf, ihr seid zum Segen für euer Haus nicht nur, sondern für unser ganzes Volk.“ (ebd., S. 17)
Ich fürchte, viele werden bei den letzten Abschnitten gelächelt haben – vielleicht sogar spöttisch. Ist uns das alles schon so fremd? Gottes Maßstab für die Frau: »der verborgene Mensch des Herzens in dem unvergänglichen Schmuck des sanften und stillen Geistes, der vor Gott sehr kostbar ist.« (1. Petrus 3,4; Elb.CSV).
Über wie viele Dinge wird das gesagt, dass sie vor Gott sehr kostbar sind?

Lasst mich das offen sagen, das geht nicht gegen die Frauen. Die Männer versagen nicht weniger. Und der Einzige der hier auf der Erde seinen Weg in absoluter Treue zu Gott gegangen ist, war der Herr Jesus Christus. Müsste ich mein eigenes Versagen bekennen, würde es Seite um Seite füllen.

Aber wenn wir in das Licht Gottes gestellt werden und Er uns Seine Maßstäbe zeigt – und wir erkennen müssen das wir davon abgewichen sind oder eigene Wege gehen – dann erwartet Er das wir Buße tun. Und Dank sei Ihm dafür, wir dürfen es tun. Und so wachsen wir auch im Glauben: »...die Wahrheit festhaltend in Liebe, lasst uns in allem heranwachsen zu ihm hin, der das Haupt ist, der Christus,« (Epheser 4,15; Elb.CSV)

Ja, die Welt mag andere Maßstäbe haben und die ernsthaften Gläubigen belächeln, weil dort ein „sanfter und stiller Geist“ mehr gilt als die selbstbewusste, unbedingte Emanzipation der postmodernen Frau. Aber wie viele oberflächliche Männer waren Gehilfen einer solchen Entwicklung, indem sie die einfache Jüngerin Jesu verachtend, einer anderen den Vorzug gaben?

Es ist merkwürdig, wie viel einem durch die Lektüre eines solch´ kleinen Büchleins längst vergangener Tage bewusst wird. Ich wünschte wir hätten mehr von dieser Ernsthaftigkeit auch in unseren Tagen. Gott sei Dank, sie ist nicht völlig verschwunden, aber sie ist doch selten geworden. Die Probleme, die von Bruder Schrenk schon zu seiner Zeit angesprochen worden sind, haben sich vergrößert und sind tief eingedrungen bis hinein selbst unter die wahren Gläubigen. Und darum will ich mir auch noch ein weiteres Mal die Zeit nehmen in einem zweiten Teil weitere Ausführungen aufzugreifen.

Mittwoch, 4. Juli 2012

Selbstlose Liebe - Teil 1

Wir haben in den letzten Ausführungen etwas über die Verbindung zwischen Christus und Seiner Gemeinde gehört, über die Ehe als Abbild dieser Wahrheit und schließlich einige Gedanken zu unerwiderter Liebe gesehen.

All dies setzt eine Liebe voraus, die von der Schrift als Agape bezeichnet wird; Die selbstlose Liebe mit der Christus Seine Gemeinde geliebt hat und liebt! Den Ehemännern wird geschrieben:
»Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch der Christus die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat,« (Epheser 5,25; Elb.CSV)
»Ihr Männer ebenso, wohnt bei ihnen nach Erkenntnis als bei einem schwächeren Gefäß, dem weiblichen, ihnen Ehre gebend als solchen, die auch Miterben der Gnade des Lebens sind, damit eure Gebete nicht verhindert werden.« (1. Petrus 3,7; Elb.CSV)
Viele scheinen diese Anweisungen erst dann zu entdecken, wenn sie schon längst verheiratet sind. Dabei haben sie uns auch für die Partnersuche viel zu sagen. Für wen bin ich als Mann wirklich bereit mich in dieser liebevollen Art und Weise aufzuopfern? Als schwächerem Gefäß die Ehre zu geben, bereit auch auf ihre emotionalen Bedürfnisse einzugehen?

Und was sind die Motive eine Frau zu ehelichen, wenn die grundsätzliche Bereitschaft zu dem, wozu die Bibel auffordert, nicht – oder nur eingeschränkt – vorhanden ist? Wenn sich alles nur darum dreht, was ich will und was ich kriege und danach meine Checkliste abarbeite. Klingt das zu hart? Wachen Sie auf, nicht immer sind die Motive so geistlich, wie sie nach außen hin präsentiert werden. Hinter manch frommer Fassade regieren die Begierden des eigenen Herzens, bis hin zur Verdrehung der Schrift.

Nun, »der Christus hat die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben«. Dies ist die Grundlage für die Liebe zu den Geschwistern; das Beste für den anderen zu suchen – und nicht für sich selbst. Weil die göttliche Liebe sich in unseren Herzen entfalten darf. Und die Kosten dafür können hoch sein, sowohl für uns selbst, wie auch für den Anderen. Den es bedeutet auch aufeinander Acht zu geben, einen Bruder oder eine Schwester nicht sehenden Auges in falsch eingeschlagene Richtungen laufen zu lassen. Paulus tat einen solchen Dienst:
»Denkt daran, dass ich drei Jahre lang Nacht und Tag nicht aufgehört habe, einen jeden mit Tränen zu ermahnen.« (Apostelgeschichte 20,31b; Elb.CSV).

Doch greifen wir vorerst noch einmal den Gedanken der unerwiderten Liebe auf. Meine ich also, dass dies ohne Schmerz zu bewältigen ist? Nein! Ich meine einfach, das ein Unterschied besteht zwischen innerem Schmerz den wir aus echter Liebe bereit sind zu ertragen und Schmerz, der aus einem verletzten Ego heraus unser Innerstes zerfrisst. Und vielleicht lässt sich daran am Besten erkennen, ob eine Liebe tatsächlich echt war.

Es gibt eine gleichermaßen schreckliche, wie warnende Geschichte in der Schrift. Amnon, ein Sohn Davids, liebte seine Schwester Tamar. Und wo es zuerst hieß: »Es war in den Augen Amnons unmöglich, ihr das Geringste zu tun.« (2. Samuel 13,2b; Elb.CSV). Dort heißt es wenig später: »Und Amnon hasste sie mit sehr großem Hass; denn der Hass, mit dem er sie hasste, war größer als die Liebe, mit der er sie geliebt hatte.« (2. Samuel 13,15a; Elb.CSV). Dazwischen lesen wir, wie er auf den Rat eines üblen Freundes hin, dazu kam sie zu vergewaltigen.

Das mag ein sehr extremes Beispiel sein, aber es zeigt doch, wie zerstörerisch Begierde sein kann, wenn der Deckmantel der vorgeblichen Liebe fällt. Wie anders ist die göttliche Liebe, von der wir schon sprachen und von der wir nur ein wenig sehen wollen:
»Die Liebe« … »sie gebärdet sich nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu,« (1. Korinther 13,4; Elb.CSV).

„Sie sucht nicht das Ihre“, „sie lässt sich nicht erbittern“. Wenn uns diese Liebe - auch in der Partnersuche - antreibt, dann lasst uns dem Herrn dafür danken. Und wenn nicht, so bitten wir Ihn doch darum, das sich diese Liebe in unserem Herzen entfalten darf.

Im zweiten Teil werden wir die Themen „Ehe“, „Ehevorbereitung“ verlassen, um noch einige allgemeine Gedanken zu dieser Liebe (Agape) zu betrachten. Und um den Bereich der Gemeinde in diesem Zusammenhang noch etwas näher zu beleuchten.

Sonntag, 1. Juli 2012

Unerwiderte Liebe

Wir Menschen sehen die Dinge gerne aus unserer Perspektive, alles muss sich um uns drehen. Doch wem ist mehr unerwiderte Liebe begegnet, als dem Herrn Jesus? Als Er auf dieser Erde war, um den Menschen die Liebe des Vaters zu zeigen, erfuhr Er die Ablehnung Seiner Geschöpfe. »Wenn ich nicht die Werke unter ihnen getan hätte, die kein anderer getan hat, so hätten sie keine Sünde; jetzt aber haben sie gesehen und doch gehasst sowohl mich als auch meinen Vater.« (Johannes 15,24; Elb.CSV)

Er konnte sagen, dass die Zurückweisung Seiner Liebe Sünde ist. Das kann keiner von uns. Im Gegenteil leben wir in der Gnadenzeit, der Zeit der christlichen Freiheit. Ein Bruder schrieb mir einmal: „im Rahmen dessen, was nach der Bibel richtig ist“ … „kann jeder“ … „ja oder nein sagen“.

Ein weltliches Sprichwort sagt: »Die Liebe, die am längsten währt, ist die unerwiderte Liebe«. Es scheint uns schwerzufallen solche Enttäuschungen zu akzeptieren. Die Täuschung weicht der Realität. Und eigentlich sollten wir darüber dankbar sein, aber stattdessen ziehen wir uns allzu oft beleidigt zurück, gekränkt, allein gelassen. Kann daraus etwas Gutes erwachsen?

Das Hohelied kennt den Ausdruck „krank vor Liebe“ (Hohelied 2,5 und 5,8), aber es drückt die Sehnsucht der Braut nach ihrem Geliebten aus (die auch erwidert wird!). Und in einem erweiterten, prophetischen Sinn die Sehnsucht des jüdischen Überrests der Drangsalszeit nach der Person des kommenden Messias.
Kehren wir zurück zu dem, was uns als Menschen in praktischer Beziehung geschehen mag und fragen wir auch hier: Was kann Gutes erwachsen aus einer anhaltenden Sehnsucht, deren Gegenüber nicht gewillt ist diese jemals zu erfüllen? Sind nicht Leid und Tränen, Qual und Schmerzen alles was wir dauerhaft ernten werden? [Auch wenn diese Gefühle selbstverständlich für eine gewisse Zeit und in einem gewissen Umfang nur normal sind. Es geht hier um das "darüber hinaus"!]

Betrachten wir nun noch einmal die christliche Freiheit von ihrer anderen Seite. „Im Rahmen dessen, was nach der Bibel richtig ist“, darf natürlich auch eine Ehe angestrebt werden, indem man zu ergründen versucht was eine andere Person für einen empfindet.
Paulus wusste einmal – wenn auch in anderem Zusammenhang – zu sagen: »Denn ich bin mir selbst nichts bewusst, aber dadurch bin ich nicht gerechtfertigt. Der mich aber beurteilt, ist der Herr.« (1. Korinther 4,4; Elb.CSV).
Wir können durchaus in der Situation stehen, das die Beweggründe unseres Herzens lauter sind und wir uns keiner falschen, egoistischen oder fleischlichen Motive bewusst sind. Und trotzdem wird die Liebe die wir empfinden – und die uns aufrichtiger als alles andere scheint – nicht erwidert. Lieber Freund, danke dem Herrn, wenn vor Ihm alles in einer guten Ordnung und einer guten Gesinnung geschehen ist. Und vertraue darauf das Gott in Seinen Regierungs- und Erziehungswegen mit Dir als ein liebender, himmlischer Vater handelt.

Aber auch diesen Punkt müssen wir beachten: Wir waren uns zwar nichts bewusst, aber es war doch etwas vorhanden, was dem entgegenstand das Gott seinen Segen auf eine Sache legen konnte. „Der mich aber beurteilt, ist der Herr“. Sollte uns das nicht immer wieder auch danach fragen lassen, wo wir geistlich stehen und was uns zu bestimmten Handlungen veranlasst (hat)? »Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne meine Gedanken!« (Psalm 139,23; Elb.CSV).
Und wenn wir dann erkennen dürfen, das tatsächlich vor ihm alles in einer guten Ordnung und einer guten Gesinnung geschehen ist, dann dürfen wir darüber einen tiefen Frieden haben. Wo sich aber etwas anderes zeigt, lasst uns Buße tun.

Der Apostel Paulus, welcher vieles zu erdulden hatte und schwere Wege von Gott geführt wurde, bezeugte einmal: »Groß ist meine Freimütigkeit euch gegenüber, groß mein Rühmen euretwegen; ich bin mit Trost erfüllt, ich bin ganz überströmend in der Freude bei all unserer Bedrängnis.« (2. Korinther 7,4; Elb.CSV).
Die Umstände des Lebens in die er hineingeführt worden ist, haben nicht dazu geführt das er voller Frustration, Hader oder Verzagtheit gewesen wäre. Ist es nicht so, dass »der Vater der Erbarmungen und Gott allen Trostes« (vgl. 2. Korinther 1,3) auch unserer Not begegnen will? Vertrauen wir doch mehr darauf, das es so ist, dann werden wir verstehen was es bedeutet „ganz überströmend in der Freude bei all unserer Bedrängnis“ zu sein. Der Apostel Paulus war es aufgrund der Geschwister (vgl. auch 1. Thessalonicher 3,7)! Wie wunderbar und segensreich ist doch eine von Gott gegebene Gemeinschaft, als Mittel zum Trost!

Ein alter Ausspruch besagt: „Menschen können enttäuschen*, aber Christus nie!“
Und von den Jüngern heißt es einmal: »Als sie aber ihre Augen erhoben, sahen sie niemand als Jesus allein.« (Matthäus 17,8; Elb.CSV).

* Wir sind in unserem Fall davon ausgegangen, das wir uns getäuscht haben und die verursachte Enttäuschung im Rahmen der christlichen Freiheit legitim ist. Es ist also keine Anklage, wenngleich ich auch diese letzte Sache noch deutlich sagen will: Auch für die Beweggründe und die Gesinnung die dazu führen eine Liebe nicht zu erwidern gilt, das derjenige der aber beurteilt, der Herr ist.